Die Welt im Jahr 2020


Ein Jahrzehnt ist seit den Anschlägen auf die USA vergangen. 

In Saudi-Arabien, einst enger Bündnispartner Amerikas im Nahen Osten, haben put­schende sunnitische Fanatiker das Königs­haus gestürzt und den fundamentalisti­schen Staat „Islamija" ausgerufen. Die wichtigsten Ölquellen der Welt in der Hand von Islamisten-das wollen dieAmerikaner auf keinen Fall dulden, zumal sie schon vor Jahren aus dem ölreichen Irak gedrängt worden waren. Noch halten ihnen Kuwait und die Emirate am Arabischen Golf die Treue. Wenigstens ihr Erdöl fließt ungestört. Doch terroristische Gewaltakte destabilisieren bereits Qatar und Bahrain. Die Situation eskaliert, als China Atomraketen in „Islamija" stationiert. Die neue, ölhungrlge`Weltmacht ist darauf bedacht, sich den ungehinderten Zugriff auf die Ölfelder und Raffinerien des ehemaligen Königreiches zu sichern. Im Weißen Haus schlägt die Stunde der Hardliner. Sie rüsten zum Krieg. Doch dabei bekommen sie es unvermittelt mit einem weiteren Gegner zu tun. Auch der inzwischen atomar bewaffnete Iran will im Konflikt um die reichhaltigen Ölfelder in seiner Nachbarschaft mitmischen. Es bahnt sich eine unheimliche Allianz zwi­schen „Gottlosen" und dem „Reich des Bösen" an. Der Nahe Osten droht in Flammen aufzugehen und dabei die ganze Welt in Brand zu setzen. Ein Albtraumszenario, verursacht nicht zuletzt durch die zunehmende Knappheit des wichtigsten Rohstoffs der industrialisierten Welt – Erdöl.


The Scorpion's Gate"

ist ein Thriller, der beschreibt, was der Welt drohen könnte, wenn die Verteilungskämpfe um die immer knapper werdenden und gleichzeitig in immer größeren Mengen benötigten Energie- und Rohstoffressourcen eskalieren. Es ist zunächst nur ein spannend geschriebenes Buch, das jedoch durch den Namen des Autors politisch brisant wird. Richard A. Clarke war mehr als drei Jahrzehnte lang im Weißen Haus, im US-Außenministerium und im Pentagon als Berater von vier Präsidenten tätig. Er leitete in den Stunden nach den Terroranschlägen des 11. September den Krisenstab von Präsident Bush. Im März 2003 schied der Antiterrorismus­Experte auf eigenen Wunsch aus der Regierung aus und wurde zu einem ihrer schärfsten Kritiker sowie zum Gegner der Präventivkriegsideologie von Cheney und Rumsfeld. Die in seinem Roman geschilderte Entwicklung im Nahen Osten entspreche so ziemlich genau den in CIA-Kreisen durch­gespielten Zukunftsszenarien, sagt Clarke. Er muss es wissen.

Dass im Kampf um die Rohstoffe

schon heute alles erlaubt zu sein scheint, war erst dieser Tage wieder zu erleben. Als der UN­ Sicherheitsrat wegen seines Vertreibungskrieges in Darfur ein weiteres Mal versuchte, den Sudan mit Wirtschaftssanktionen zu belegen, verweigerte China erneut seine Zustimmung. Peking investiert Milliardenbeträge in die Ölwirtschaft des afrikanischen Landes und hat sich mit langfristigen Verträgen über die Lieferung des „schwarzen Goldes" an das korrupte und brutale Regime in Khartum gebunden. Eine ähnliche, auf seine wirtschaftlichen Interessen bezogene Politik betreibt China - und mit ihm Russland - auch im Fall des Irans. Beide Vetomächte, Russland wie China, verhindern im Atomstreit Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen die Mullahs - China, weil es Erdöl und Erdgas aus Persien bezieht, und Russland, weil es seine Handelsbeziehungen mit dem aufstrebenden, an Bodenschätzen reichen Iran nicht gefährden will.

Die Weltwirtschaft boomt.

In Deutschland werden für dieses Jahr seit langem wieder erkleckliche Zuwachsraten prognost­ziert. Doch der dafür benötigte Energiebedarf der auf Rohstoffimporte angewiesenen Bundesrepublik ist nichts im Vergleich zu den Mengen, die Länder wie die USA, China und Indien einführen müssen, um ihre florierende bzw. stetig wachsende Industrieproduktion aufrecht zu erhalten. Die Wirtschaftsnationen der Welt, mitten drin Deutschland, sind in einen dramatischen Wettlauf um die Ressourcen getreten. Fra­gen der Energiesicherheit bestimmen zu­nehmend ihre Politik. Der „Energiegipfel"unter Leitung von Kanzlerin Merkel im April etwa zeigte, dass auch hierzulande, wo sich die Politik lange Zeit passiv verhielt und die Energie- und Ressourcensicherheit eher ein Randthema war, allmählich ein Umdenken einsetzt. Denn schienen Rohstoffe bis vor kurzem noch im Überfluss vorhanden und preiswert, haben sich die Rahmenbedingungen am Markt durch den Eintritt Chinas, Indiens und anderer bevölkerungsreicher Länder in die Globalisierung radikal verändert. Der Kampf um die Energiequellen und Rohstoffvorkommen treibt die Preise in die Höhe und die exportorientierte deutsche Wirtschaft in die Preisklemme. Nur ein Beispiel: Lag die Zielmarke für den Ölpreis zwischen 2000 und 2004 bei 25 US-Dollar, so kostet ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) heute knapp 70 Dollar. Verbrauchten in der Vergangenheit mit Europa, den USA und Japan ein Fünftel der Menschen auf dem Globus vier Fünftel der weltweiten Rohstoffförderung, stillt nun bald die Hälfte der Menschen ihren Rohstoffhunger auf dem Weltmarkt. Und angesichts der sich abzeichnenden weiteren wirtschaftlichen Entwicklung Chinas und Indiens sind sich Experten weltweit einig, dass die Nachfrage weiter anziehen wird.

Die USA, weltweit nach wie vor der größte Ölverbraucher, sowie Europa und Japan, ebenso wie Amerika auf ausländische Quellen angewiesen, sehen die Entwicklung mit Sorge. Nach Expertenschätzungen wird der Energieverbrauch bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu heute um fünfzig Prozent zunehmen. Getrieben von seinem hohen Wirtschaftswachstum hat China Japan längst als zweitgrößten Ölkonsumenten abgelöst.

Der globale Energieverbrauch wird bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu heute um fünfzig Prozent zunehmen

Um auf ökonomischem Erfolgskurs zu bleiben, muss das „Land der Mitte" Experten zufolge seinen Energieverbrauch bis 2020 um 150 Prozent steigern und würde dann größter Erdölimporteur der Welt. Anders als Deutschland und mit ihm das Gros der europäischenStaaten arbeitet das ebenfalls auf Rohstoffimporte angewiesene China intensiv daran, sich weltweiten Zugang zu Lagerstätten - und zwar nicht nur von Öl, sondern von allen wichtigen Bodenschätzen - zu sichern. Staats- und Parteichef Hu Jintao reist seit Jahren regelmäßig in die afrikanischen, südamerikanischen und zentralasiatischen Länder, aus denen denen China seine Rohstoffe bezieht. Bei seinen Einkaufstouren kommt dem Pekinger Regierungschef zugute, dass sein Land mit seinen großen Devisenreserven - den zweit größten nach Japan kaum Mühe hat, sich Selbst bei steigenden Weltmarktpreisen mit Öl, Gas und Edelmetallen einzudecken.

Auf der Erdölweltkarte entwickelt sich vor allem Afrika immer mehr zu einem Tummelfeld Chinas, während die USA und Europa ihre Einflusssphären vor allem im auf N'Djamena, die Hauptstadt des Tschad, Nahen und Mittleren Osten bzw. in Russland ausdehnen. Wegen der mancherorts instabilen Lage sind diese mit chinesischen Waffen ausgerüstet. Keine Kritik infolge grundsätzlien Menschenrechtsverletzungen, keine Forscher politischer Differenzen steht der Wesderungen nach der Einführung demokratiten einem Engagement in Afrika eher skeptisch gegenüber. Für Peking sind dies keine Gründe, die gegen wirtschaftliche Beziehungen mit dem „vergessenen Kontinent" sprechen.

 

Kriege um die Ressourcen sind in der Zukunft keinesfalls mehr auszuschließen

Im Gegenteil: Bürgerkriege, Massenvertreibungen und Korruption hindern die Volksrepublik nicht an Investitionen, manchmal sogar an der Parteinahme in schmutzigen Konflikten. China ist besonders für afrikanische Autokratien ein beliebter Geschäftspartner. Es mischt sich politisch nicht ein, sondern schaut nur auf das Geschäft mit den Rohstoffen. Doch auch der Westen drückte und drückt, wenn es um Bodenschätze geht, oft beide Augen zu. Nigeria etwa ist menschenrechtspolitisch kaum weniger problematisch als der Sudan. Doch hier operieren die Mineralölmultis Shell (Den Haag) und ExxonMobil (Irving/ Texas), weshalb die Regierung in Nigerias Hauptstadt Abuja politisch kaum behelligt wird.


Die erdölproduzierenden Staaten der Welt

arbeiten dicht am Förderlimit. Doch das Zeitalter des billigen Erdöls und dem­nächst wohl auch des preiswerten Erdgases dürfte vorbei sein. Grund dafür ist nicht allein die wachsende Nachfrage. Vor allem der bevorstehende historische „Peak" der Ölproduktion, der Höhepunkt der Förderung, führt zu einer immer dramatischeren Jagd nach dem Schmierstoff der Weltwirtschaft. „So etwa ab dem Jahr 2017 wird es bergab gehen", schreibt der deutsche Geologe Peter Gerling in einer Studie für die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Und in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts würden auch die Erdgasvorräte zu Ende gehen - und das bei zugleich weltweit wachsendem Bedarf. Die einzigen Energierohstoffe, die noch länger zur Verfügung stehen werden, sind Kohle und Uran. Falls die Welt nicht bald einen Ersatz für Erdöl und Erdgas gefunden hat, sagen Experten einen dramatischen Anstieg der Ausgaben für Energie voraus. Ärmere Länder würden sich dann überhaupt kein Öl mehr leisten können. Kriege um die Ressourcen, wie imThriller „The Scorpion's Gate" entworfen, seien deshalb in der Zukunft keinesfalls mehr auszuschließen.


Doch der Kampf tobt schon heute, und er drängt sich zunehmend aus dem Hintergrund in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Denn Erdöl und Erdgas sind von existenzieller wirtschaftlicher und strategischer Bedeutung. Förderländer wie Russland und der Iran wissen das nur zu gut und setzen ihre Rohstoffe inzwischen als politische Waffe ein. Seinen unbotmäßigen Nachbarn Georgien und Ukraine demonstrierte Russland unlängst, welche Folgen die einseitige Abhängigkeit von Energielieferungen haben kann. Im Streit um höhere Erdgaskosten musste die Ukraine klein beigeben, nachdem die Russen kurzzeitig den Hahn abgedreht hatten. Und der Iran droht im Atomkonflikt mit dem Westen noch sehr viel unverblümter als Russland mit Lieferkürzungen oder gar dem kompletten Stopp. Die größte und zugleich fragilste Rolle bei der langfristigen Energieversorgung der Welt spielt jedoch der Nahe und Mittlere Osten.


Die Staaten am Arabischen Golf, die mit unterschiedlicher Intensität den schwierigen Spagat zwischen islamischerTradition und westlicher Moderne üben, haben mit Abstand die größten Reserven an fossilen Energieträgern. Bei Erdöl sind es bis zu siebzig Prozent, bei Erdgas immerhin etwa fünfzig. Die weltweite Abhängigkeit von diesen Reserven wird in dem Maße zunehmen, wie die Quellen in Nordamerika und Europa versiegen. Die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet mit einer gewaltigen Steigerung der Ölproduktion in der Region bis zum Jahr 2020. Das aber setzt erhebliche Investitionen voraus, die wiederum ein sicheres Umfeld erfordern. Im Irak ist im Moment zu erleben, wie an gezielten Sabotageakten von zum Terror entschlossenen Radikalen der Wiederaufbau einer potenziell äußerst profitablen Erdölproduktion scheitert. Niemand plant dort derzeit größere Investitionen, obwohl der Irak nach Saudi-Arabien und Iran das Land mit den drittgrößten Ölreserven der Welt (abgesehen von den Ölsanden Kanadas) ist. Aus diesem Grund wäre es geradezu ein weltenergiepolitischer Albtraum, wenn es nicht mehr nur im Irak, sondern auch in
Saudi-Arabien zu gezielten Anschlägen auf
Erdölproduktionseinrichtungen käme, die eine Drosselung oder gar eine Unterbrechung der Förderung in der Region zur Folge hätten. Anschläge vielleicht, die erfolgreicher sind als der Versuch von Terroristen am 24. Februar dieses Jahres, die größte Ölverarbeitungsanlage der Welt bei Abkaik anzugreifen. Zwei mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge der Attentäter wurden bei dem Versuch, die Absperrungen zu durchbrechen, gerade noch rechtzeitig von saudischen Wachleuten gestoppt. Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn der Anschlag Erfolg gehabt hätte. Denn die Ölpreise reagieren auf jede noch so kleine Störung des Marktes äußerst empfindlich. Mitunter reicht schon ein Kriegsangst verbreitendes verbales Säbelrasseln, wie etwa im Atomkonflikt mit dem Iran, um die Kosten für den Schmierstoff der Weltwirtschaft spürbar ansteigen zu lassen.


Wie sehr die Energieversorgung der Welt aus den Staaten des Nahen und Mittleren Ostens schon heute am seidenen Faden hängt, verdeutlicht der Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Rudolf G. Adam. „Was würde geschehen, wenn Saudi-Arabien in chaotische, bürgerkriegsähnliche Zustände verfiele", fragt Adam und bezeichnet ein solches Szenario - ähnlich wie James A. Clarke in seinem Roman - angesichts des „Veränderungstempos und der erkennbar wachsenden Spannungen zwischen den Potentaten und einer jungen, ungeduldigen, zum Aufbruch bereiten urbanen Elite" in dem riesigen Olscheichtum als keineswegs absurde Vorstellung. Adam wirft in diesem Zusammenhang eine in ihrer dramatischen Konsequenz noch sehr viel brisantere Frage auf. „Wäre das nicht ein Szenario, in dem wir auch an den Einsatz der NATO Response Force oder der EU-Battle Groups denken müssten?" Schließlich halte sich der Westen diese Machtinstrumente nicht nur vor, „um altruistisch Ordnung und Menschenrechte anderswo zu schützen", sondern auch, um gegen Bedrohungen „seiner eigenen Lebenschancen" vorzugehen. Dabei, so Adam, gehe es nicht darum, „Ölfelder oder -Installationen in quasi-koloniale Eigenverwaltung zu überführen". Vielmehr sollte der Einsatz von Truppen ausschließlich deshalb erwogen werden, „um ein Mindestmaß an öffentlicher Ordnung und handelspolitischer Berechenbarkeit für jedermann zu garantieren". Soldaten, sollen wirtschaftliche und energiepolitische Interessen schützen? Eine hierzulande gewöhnungsbedürftigeVorstellung, die im Verteidigungsministerium jedoch längst diskutiertwird. Minister Franz Josef Jung (CDU) lässt derzeitein neues Weißbuch erarbeiten. Diese Aufgaben- und Zielbeschreibung der deutschen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik soll künftig auch das Element der Ressourcensicherung enthalten. Andere Staaten machen seit Jahrzehnten vor, was darunter zu verstehen ist. Die USA etwa schützen ihre Zugänge zu den Rohstoffen der Welt schon seit langem auch militärisch, nicht zuletzt in Saudi-Arabien, womit sie allerdings auch die Potentaten in Riad nachhaltig gestärkt haben. Selbst das verlustreiche und desaströse Engagement Washingtons im Irak kann nicht ohne energiepolitischen Hintergrund betrachtet werden. Vizepräsident Cheney unkte schon lange vor der Invasion, die USA könnten „im Irak einen guten Teil der Weltenergiereserven unter ihre Kontrolle" bringen. Andererseits: Wer außer Amerika hätte überhaupt die militärische und politische Stärke, die Blockade wichtiger Rohstofftransportwege, etwa der Straße von Hormus, durch den Iran oder durch islamistische Terrorgruppen zu verhindern?


Ein weiterer strategischer Faktor

mit hoher Verwundbarkeit sind die Öl- und Gas­Pipelines im Nahen und Mittleren Osten, eine Region, die durchzogen ist von ungelösten Konflikten. So liegen die Leitungen aus den irakischen Kurdengebieten weiter gen Norden derzeit brach, weil einerseits Sabotage innerhalb des Iraks immer wieder für Unterbrechungen des Öl­durchflusses sorgt, andererseits die USA Syrien (dem einen möglichen Transitland) keine Profitquelle eröffnen wollen und die Türkei (das andere mögliche Transitland) wiederum den Kurden keine zusätzlichen Einnahmen gönnt. Auch die im Vorjahr eröffnete Öl-Pipeline von Baku (Aserbaidschan) nach Ceyhan (Türkei) verläuft unter Umgehung Russlands durch unsicheres Terrain. Die Transitländer Armenien und Georgien sind nicht unbedingt Staaten, die durch innere Ordnung und Stabilität glänzen.

Die USA haben inzwischen ihre Schlüsse aus der unsicheren Situation im Nahen und Mittleren Osten gezogen und eine Diversifizierung ihrer Öllieferungen angekündigt. Sie wollen unabhängiger vor allem von Saudi-Arabien werden. Dazu gehört auch, dass sie ihr Augenmerk möglicherweise wieder stärker auf den eigenen Kontinent richten. In Alberta in Kanada lagern Ölsande, deren potenzielles Gesamtvolumen an die Größenordnung der Öl­vorräte von Saudi-Arabien heranreicht. Ihr Abbau zöge Experten zufolge zwar unabsehbare Umweltprobleme nach sich. Den­noch liegt hier eine beinahe unerschöpfliche und vor allem sichere Ölquelle geradezu vor der amerikanischen Haustür.


Und Deutschland ?

Die Bundesrepublik bemüht sich seit der ersten Ölkrise (1973) erfolgreich um eine größere Energieeffizienz, wodurch der Energieverbrauch seitdem weit unter den Prognosen der damaligen Zeit geblieben ist. Doch Energiesparmaßnahmen allein werden die Verknappung auf den internationalen Ölmärkten nicht kompensieren können. Experten wie Friedemann Müller von der Stiftung Wissenschaft und Politik fordern daher einen gezielten politischen Dialog mit den Produzentenländern über gemeinsame Spielregeln und gemeinsame Verantwortung. Insbesondere sollten die erdölexportierenden Länder dazu angehalten werden, „weltwirtschaftliche, umweltbezogene und entwicklungspolitische Verantwortung zu übernehmen". Zudem, schrieb Müller in einem Positionspapier zum Energiegipfel im April, müsste „den drohenden Versorgungsengpässen durch eine langfristig angelegte Strategie der Substitution von Öl durch andere, nicht klimabelastende Energieträger im Verkehrssektor entgegengewirkt" werden. Zugleich warnt er, wie auch Rudolf Adam von der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, vor strategischen Abhängigkeiten bei der Erdgasversorgung. Zu sechzig Prozent auf einen einzigen Lieferanten (in diesem Fall Russland) angewiesen zu sein, sei höchst gefährlich. Eine Diversifizierung der Lieferbeziehungen sei deshalb unbedingt erforderlich, auch um auf erneute russische Drohungen mit der Energiekeule gegen die europäischen Staaten entspannter als jungst reagieren zu können. Der Chef des halbstaatlichen russischen Energiekonzerns Gasprom, Alexej Miller, hatte im April geäußert, „Versuche, die Tätigkeit von Gasprom auf dem europäischen Markt einzuschränken, führten zu nichts Gutem", und dabei auf andere Absatzmärkte wie China verwiesen. Um Russlands „Energie-Imperialismus" nicht zum Opfer zu fallen, fordern Sicherheitsexperten daher, Deutschland müsse den Blick wieder stärker zum Arabischen Golf lenken, etwa nach Qatar mit seinen riesigen Erdgasvorräten. Womit wir allerdings wieder bei „The Scorpion's Gate" und Richard A. Clar­kes Albtraumszenario wären. Bis dahin sind es nur noch knapp sechs Jahre.­

Zu sechzig Prozent auf einen einzigen Lieferanten angewiesen zu sein, ist höchst gefährlich !

Quelle:  Loyal-Magazin entnommen.